Fehlsteuerung EEG 2016 – Punkt 3: Geht es um weniger Geld oder um mehr Kohle?

Das BMWi peitscht eine Novelle des EEG durch alle politischen Instanzen. Sigmar Gabriel betont immer wieder den Wettbewerb und die Kosteneffizienz. Ganz nebenbei fallen aber auch Ausdrücke wie „kontrollierter Ausbau“, „mehr Planungssicherheit für alle Akteure“ oder „effektive Steuerung“. Worum geht es wirklich?

 Ausschreibung und Kosteneffizienz

Das BMWi plant, nach der Photovoltaik nun auch Windprojekte über Ausschreibungen zu versteigern. Doch Ausschreibungen bergen hohe Risiken und Unsicherheiten und treiben dadurch Projektierungskosten und Kapitalkosten nach oben. Faktisch wird – das zeigen auch Beispiele aus anderen Ländern – durch Ausschreibungen der Ausbau der Erneuerbaren Energien verteuert und verlangsamt.

Minister Gabriel und Staatssekretär Baake feiern ihr Ausschreibungsmodell aber als Kostensenker und übersehen dabei, dass die großen Projektierer längst Hintertüren zum Mehrverdienen gefunden haben. Durch strategisch geringes Bieten gewinnen sie die Zuschläge und holen sich danach die entgangenen Einnahmen beim Endkunden. Das führt zu intransparent steigenden Verbraucherpreisen und zu einer Remonopolisierung, denn Bürgergesellschaften können diese Möglichkeit nicht nutzen.

Im Gegensatz dazu haben kostendeckende Vergütungen in den vergangenen Jahren die Preise der Erneuerbaren Energien extrem gesenkt. Eine große Akteursvielfalt hat Akzeptanz und Wettbewerb gleichermaßen gefördert. Um wessen Kosteneffizienz geht es dem BMWi also wirklich? Greift das Ministerium am richtigen Punkt an? Eine Analyse zeigt Wege auf.

Fehleranalyse: Warum ist die Umlage für Erneuerbare Energien stetig gestiegen

Der Begriff „Umlage für Erneuerbare Energien“ (EEG-Umlage) sagt viel aus. Denn die Umlage bildet nicht die wirklich die Kosten der Erneuerbaren Energien ab. Diese blieben in den letzten Jahren fast gleich. Sie werden nur sehr unAEE_EEG-Erloese_und_Umlage_2000-2015_okt15_300dpi EEG 2016gleich verteilt.

Seit 2010 werden die Erneuerbaren Energien direkt an der Börse verkauft, auch damals eine Entscheidung von Sigmar Gabriel. Seit 2010 steigt als Folge hiervon die EEG-Umlage. Der Grund dafür ist ein paradoxer Zusammenhang: Die EEG-Umlage steigt, weil die Preise an der Strombörse sinken. Dadurch schrumpfen wiederum die Einnahmen der Erneuerbaren Energien. Den Rest müssen die Verbraucher zuschießen. Aber eben nicht alle Verbraucher, denn es gibt eine immer noch weiter wachsende Zahl von privilegierten Industrieunternehmen, die kaum Umlage zahlen.

Was wäre, wenn die Industrie die Einsparungen aus den gesunkenen Einkaufspreisen weitergibt

Große Industrieunternehmen profitieren von der Energiewende doppelt. Die meisten Unternehmen zahlen kaum Umlage und kaufen gleichzeitig ihren Strom extrem günstig ein. Von 2009 bis 2016 ist der durchschnittliche Börsenpreis pro kWh – vor allem dank der Erneuerbaren Energien – von 7,16 Cent auf 3,13 Cent (Preis laut Prognose 15.10.2015) um rund 4 Cent gefallen. Würden die privilegierten Unternehmen diesen Vorteil weitergeben, indem sie 4 Cent mehr zur Umlage beitragen und sich beim privilegierten Kraftwerkseigenverbrauch wenigstens mit 40 Prozent an den Solidarkosten beteiligen (wie es die Photovoltaik und flexible BHKWs mittlerweile müssen), dann würde die Umlage um etwa 20 Prozent auf 5,07 Cent sinken

Was wäre, wenn die Erneuerbaren Energien einen adäquaten Preis erwirtschaften

Erneuerbare Energien sind wertvoll. Viele Kunden wären bereit einen angemessenen Preis für echten Grünstrom zu bezahlen. Dafür kämpfen die seriösen Ökostromanbieter seit Jahren.

Das Verschachern von EEG-Strom an der regulären Börse hält aber leider weiter an. Dadurch steigt die EEG-Umlage, die Akzeptanz für Erneuerbare Energien fällt und der beliebte Grünstrom ist nach diesem Transfer billiger unkenntlicher Graustrom. Das ist widersinnig. Stattdessen könnten die Erneuerbaren Energien einen eigenen Marktplatz bekommen und wären nicht dem Preisverfall durch zu viel Kohlestrom ausgesetzt. Würden sie wenigstens einen Erlös von 7 Cent pro kWh erwirtschaften, läge die Umlage bei 4,95 Cent.

Was wäre, wenn Kohlekraftwerke für zukünftige Umweltschäden wenigstens minimal zahlen müssten

Auch nationale Emissionszertifikate würden die Problematik des Preisverfalls abmildern. Ein stärkerer Kostendruck verdrängt ineffiziente Kraftwerke aus dem Markt und der Wettbewerb wächst. Die leicht steigenden Strompreise am Terminmarkt steigern das Interesse der Großverbraucher und Händler, vermehrt auf Erneuerbare Energien am Spotmarkt zurück zu greifen und lassen dadurch die EEG-Umlage und damit die Stromrechnungen sinken. Die Einnahmen über die Zertifikate können übergangsweise zusätzlich die EEG-Umlage ausgleichen.

Offensichtlich geht es um mehr Kohle und nicht um weniger Geld

Um eine effektive Senkung der EEG-Umlage zu ermöglichen, gibt es – wie gezeigt – mindestens drei gute Ansätze. Das BMWi verkennt diese Möglichkeiten trotz besseren Wissens. Stattdessen sendet das Ministerium beständig die Botschaft an die Bürger, die Erneuerbaren Energien seien zu teuer. Als Lösungen propagiert das BMWi zwei vollkommen konträre Ansätze: Kontrolle und Planbarkeit des Ausbaus in direkter Verbindung mit angeblich freiem Wettbewerb. Was steckt dahinter?

Die Ausbaukorridore und die Ausschreibungen bringen in gewisser Hinsicht tatsächlich mehr Planbarkeit, zumindest für Kohlekonzerne und Großinvestoren. Beides richtet sich allerdings gegen die Energiewende.

Auf jeden Fall wird die EEG-Umlage weiter steigen, weil die Börsenstrompreise aufgrund der ungebremsten Kohleverstromung weiter fallen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien erfährt eine klar definierte und drastische Bremse. Dadurch werden Arbeitsplätze in diesem Bereich weiter abgebaut. Die Bürger können sich wegen Ausschreibungen schon jetzt nicht mehr an den Sonnen-Projekten vor ihrer Haustüre beteiligen und dadurch sinkt die Akzeptanz der Erneuerbaren Energien. Mit dem EEG 2016 soll nun auch noch der Bürgerwind abgeschafft werden.

Die Kohleindustrie bekommt dagegen eine deutliche Laufzeitverlängerung. Der Strukturwandel geht also in die falsche Richtung!

Was tun

Die gemeinnützige Organisation energie neu denken gUG forderte von den Bundesparlamentariern und Bundesratsmitgliedern eine Korrektur der Novellierung des EEG. Mit mehreren Briefen informierte sie die Bundespolitiker über Fehlsteuerungen und bietet Alternativen für ein konsequentes und kosteneffizientes Gegensteuern. Energie neu denken versteht sich als Think Tank und hat in der Vergangenheit bereits viele Entwicklungen lange vorhergesehen.

Die Briefe und eine Übersicht mit allen angeschriebenen Politikern stehen hier zum Download bereit.