Fehlsteuerung EEG 2016 – Punkt 2: Nach dem Sonntagsbraten die Kochwäsche

Das BMWi peitscht eine Novelle des EEG durch alle politischen Instanzen. Doch die Gesetzesnovelle setzt auf alte wirtschaftliche Strukturen. Das verhindert eine innovative und effiziente Nutzung der Erneuerbaren Energien und verteuert dadurch die Energiewende.

 Nach dem Sonntagsbraten die Kochwäsche

An sonnig20120814_Windeln_Web_200 Kochwäscheen Sonntagen erkennt man am besten, wo noch deutlicher Handlungsbedarf in Bezug auf die Erneuerbaren Energien besteht. Die Stromnetze auf allen Ebenen sind um die Mittagszeit oft an den Kapazitätsgrenzen, die Preise sinken dadurch stark. Deshalb fordert energie neu denken symbolhaft, dass die Menschen nach dem Sonntagsbraten möglichst noch die Kochwäsche anwerfen. Aber ist das nicht Verschwendung? „Nein“ entgegnet Trudel Meier-Staude von energie neu denken. „Es geht um die richtige Zeit und den richtigen Ort der Stromnutzung. Das könnte die Netze entlasten, vor allem durch Großverbraucher.“

Intelligente Nutzung der Erneuerbaren Energien ist volkswirtschaftlich wichtig

Es spart Kosten, die Nutzung der Erneuerbaren Energien räumlich und zeitgleich nach ihrem Angebot auszurichten.

Wenn sie zur rechten Zeit die Erneuerbaren Energien abnehmen könnten die Verbraucher zum Beispiel die Stromrechnung senken. Durch die gezielte Stromnutzung steigen nämlich die Preise an der Strombörse. Die Erneuerbaren Energien könnten dann höhere Einnahmen generieren und alles, was die Erneuerbaren Energien verdienen, sparen sich Haushalte und Mittelstand, weil sich die EEG-Konten füllen und damit die Umlage sinkt (die Großindustrie ist bekanntlich von Zahlungen weitgehend befreit). Das wiederum senkt die Stromrechnung.

Wenn die Verbraucher die Erneuerbaren Energien auch noch am rechten Ort nutzen, dann sinken zusätzlich die Systemkosten, weil weniger Kraftwerke strategisch hoch und runter gefahren werden müssen. 2014 kostete das insgesamt 370 Mio Euro. 2015 stiegen die Systemkosten allein im ersten Halbjahr auf 400 Mio Euro. Eine alarmierende Verdoppelung in kürzester Zeit! 150 Mio Euro davon entfielen auf “Einspeisemanagement” (abgeregelte Erneuerbare Energien). Das ist teuer, schade und unnötig. Auch diese Kosten tragen alle Haushaltskunden und mittelständischen Firmen (die Großindustrie ist auch hier von Zahlungen weitgehend befreit).

Langfristig betrachtet führen regionalisierte Preisanreize zu Einsparungen in Bezug auf Netzausbau und Speicher. Speicher und Netzausbau bleiben dringend notwendig. Die Kosten und der Rohstoffeinsatz können aber durch sinnvolles und regionales Lastmanagement sinken.

Das BMWi setzt auf volatile Preise

Das BMWi setzt dagegen auf europaweite Preisspitzen an der Strombörse und hofft durch diesen Ansatz offensichtlich auf eine einfache Doppellösung bezüglich des Ausbaus der Erneuerbaren Energien einerseits und deren intelligente Nutzung andererseits. Beides wird jedoch nicht eintreffen.

Nutzung:

Bei Haushaltskunden kommt schon der seit Jahren konstant fallende Börsenpreis nicht an. Bei Vielverbrauchern reicht der ökonomische Anreiz für ein kostenabhängiges Nutzungsmanagement offensichtlich längst nicht aus und Betreiber von Wärmenetzen, wie zum Beispiel Stadtwerke, werden von innovativen Lösungen abgehalten, weil sie bei der Nutzung von Überschussstrom für Wärmenutzung alle Solidarkosten gleichmäßig mittragen.

Alle Zeichen weisen eigentlich darauf hin, die großen Preisbestandteile Netzkosten und EEG-Umlage modular zu gestalten und damit die Preisanreize von der Strombörse zu verstärken. Verweigert der große Partner Industrie die Mitarbeit, sollte er dafür wenigstens ein bisschen mehr Umlage beisteuern. Ideen dazu waren im Grünbuch des BMWi noch erwähnt, fielen aber aus dem Weißbuch heraus und fehlen auch in diesem Gesetzespaket völlig!

Ausbau:

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien wird in einem solchen Markt versiegen, weil Sonne und Wind dargebotsabhängig sind. Der Betrieb der Anlagen kann sich nicht nach Preisspitzen richten. Bei windstarken oder sonnigen Wetterlagen ist das Angebot groß und der Preis niedrig. Dadurch werden dann, wenn die Erneuerbaren Energien am stärksten zur Stromerzeugung beitragen, die erzielbaren Einnahmen immer gering sein. Der derzeitige freie Markt bietet also wenig oder keinen Anreiz zum Bau neuer Anlagen.

Welche Lösungsmöglichkeiten sieht energie neu denken

Deutschland benötigt einen eigenständigen Strommarkt, der auf die Erneuerbaren Energien abgestimmt ist. Dieser neue Markt sendet über den Preis gezielt Verbrauchsanreize zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Dieser Markt kann entweder parallel zum derzeitigen System laufen oder systemimmanent sein. Parallel dazu müssen alte Kraftwerke nach und nach aus dem Markt genommen werden, weil wir sonst die Kosten doppeln und die Energiewende verteuern.

Wenn die Bundesregierung diesen Schritt noch scheut, können nationale Emissionszertifikate übergangsweise auftretende Probleme lösen. Die leicht steigenden Strompreise am Terminmarkt steigern das Interesse der Großverbraucher, vermehrt auf Erneuerbare Energien am Spotmarkt zurück zu greifen und lassen dadurch die EEG-Umlage und damit die Stromrechnungen sinken. Die Einnahmen über die Zertifikate können übergangsweise zusätzlich zur Kostenneutralisierung genutzt werden. Außerdem verdrängt der Kostendruck ineffiziente Kraftwerke aus dem Markt.

Was tun

Die gemeinnützige Organisation energie neu denken gUG forderte von den Bundesparlamentariern und Bundesratsmitgliedern eine Korrektur der Novellierung des EEG. Mit mehreren Briefen informierte sie die Bundespolitiker über die Fehlsteuerungen und bietet Alternativen für ein konsequentes und rasches Gegensteuern. Energie neu denken versteht sich als Think Tank und hat in der Vergangenheit bereits viele Entwicklungen lange vorhergesehen.

Die Briefe und eine Übersicht mit allen angeschriebenen Politikern finden sich auf www.energie-neu-denken.de/eeg-2016 .